Cobots als vielversprechende Ergänzung in Fertigung und Handwerk: hier z.B. Hand-in-Hand Bedienung eines kollaborativen Schweissroboters. / Weiterer Text über ots und www.presseportal.de/nr/162327 / Die Verwendung dieses Bildes ist für redaktionelle Zwecke unter Beachtung ggf. genannter Nutzungsbedingungen honorarfrei. Veröffentlichung bitte mit Bildrechte-Hinweis.

Eschborn (ots) –

Lange Zeit arbeiteten Roboter nur in der Automobilindustrie und in der Massengüterproduktion, gut abgesichert hinter Schutzzäunen. Intelligenz und intuitive Bedienung machen die automatisierten Helfer mittlerweile auch für kleine Unternehmen und Handwerksbetriebe interessant.

Metzgermeister Josef Klein aus Straß im Landkreis Neu-Ulm hat lange nach einer Lösung gesucht, wie er seine Kunden auch außerhalb der Ladenöffnungszeiten versorgen könnte. Heraus kam ein Verkaufsautomat mit einem Roboter, der auf Schienen durch den Kühlraum fährt und aus den Regalen die Bestellungen einsammelt. Kunden, die am Automaten bestellen, können dem Roboter durch ein Fenster zusehen, wie er Aufschnitt, Bratwürste oder Käsewiener in einen Korb legt und durch einen Ausgabe-Schacht hinausfährt. Bezahlt wird kontaktlos.

Was so einfach aussieht, ist das Ergebnis intensiver Vorarbeit. Metzger Klein kam mit dem Entwickler der Lösung, dem Sondermaschinenbauer Kirschenhofer, eher zufällig ins Gespräch. Das Unternehmen liegt in der Nachbarschaft der Metzgerei und entwickelt seit 25 Jahren Automatisierungskonzepte für die Automobilindustrie. Mit dem Verkaufsautomat, in dem ein Industrieroboter der Marke Motoman von Yaskawa steckt, hat das Unternehmen eine neue Tür aufgestoßen. Gerade im Einzelhandel schlummern noch Potentiale: Immer mehr Kunden wollen auch rund um die Uhr die Möglichkeit haben einzukaufen. Auch ältere Kunden hätten den Roboter gut angenommen. Und das System taugt auch für kleine Familienbetriebe.

Roboter werden kompakter, flexibler und günstiger

Trends in der Roboterentwicklung machen es möglich: Roboter werden kompakter, flexibler und günstiger als die früher üblichen Industrieroboter, die sich nur in automatisierten Fertigungsprozessen mit großen Stückzahlen rechneten. Bedienfreundlichkeit und eine Vielzahl an Sensoren machen den Roboter zum Cobot, zum kollaborativen Roboter, der gefahrlos Hand-in-Hand mit dem Menschen arbeitet und nicht mehr im Käfig weggesperrt werden muss. Damit werden Cobots auch für kleine Unternehmen und Handwerker eine vielversprechende Alternative.

Gerade Handwerksbetrieben eröffnet es neue Möglichkeiten. Roboter können schwere und eintönige Arbeiten übernehmen und helfen unter anderem dadurch, den Fachkräfteengpass zu bewältigen. Sie werden jedoch bisher nur in den wenigsten Handwerksbetrieben eingesetzt. Laut einer Untersuchung der Handwerkskammer für Unterfranken zum Beispiel, die mit einem eigenen Forschungsprojekt die Einsatzchancen von Robotik im Handwerk erforscht hat, nutzen gerade einmal fünf Prozent der Befragten Roboter.

Pilotprojekt der Handwerkskammer für Unterfranken

Bei dem Projekt ging es vor allem um die Frage, ob Roboter auch ohne fundierte Programmierkenntnisse von Facharbeitern bedient werden können. Die zu lösende Aufgabe bestand darin, das Überkopfbohren in Betondecken mit einem mobilen Roboter umzusetzen. Erste Projektergebnisse zeigten, dass der Einsatz von Bohrrobotern auf Baustellen möglich ist. Bohrpositionen werden über künstliche Intelligenz ermittelt, Sensorik erkennt, wenn der Bohrer auf Stahl trifft. Die Arbeitspositionen der mobilen Plattform werden dem Handwerker via Augmented-Reality-Brille angezeigt. Programmierkenntnisse sind damit nicht nötig.

Feldtests haben ergeben, dass die Arbeitsweise mit dem Roboter als intuitiv und unkompliziert empfunden wird. Die meisten Teilnehmer konnten sich die Arbeit mit dem Roboter gut vorstellen. Kein Wunder: Das Überkopfbohren ist sehr anstrengend und bei Handwerkern entsprechend unbeliebt.

Effizienz durch KI

Durch den Einsatz von Robotik entstehen neue Möglichkeiten im Handwerk, so die Überzeugung von Experten: „Durch die Künstliche Intelligenz hat der Roboter die Feinfühligkeit und Fingerfertigkeit, damit umzugehen, wenn sich im Prozess etwas ändert, weil es eben Toleranzen gibt. Darauf kann sich der Roboter einstellen, aufgrund von Bildverarbeitung, Haptik und Mitdenken“, sagt dazu etwa Patrick Schwarzkopf, Geschäftsführer des Fachverbands Robotik + Automation im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA).

Der Roboter wird sicher den qualifizierten Handwerker nicht ersetzen, er kann jedoch monotone und lästige Arbeiten abnehmen. Damit werden Kapazitäten für anspruchsvollere Aufgaben frei. Das zeigt auch ein Forschungsprojekt des 5G Labs der Technischen Universität Dresden und des Startups Wandelbots. Hier übernimmt ein Cobot in der Bäckerei Tschirch in Görlitz eine wichtige Aufgabe: Er setzt einen Teigling nach dem anderen von der Arbeitsfläche auf das Backblech. Das spart Zeit und Kosten. Der Clou ist die sich anpassende Software: der Roboter „lernt“ über Sensoren von den Bewegungen des Mitarbeiters und entwickelt dann Lösungen, die wiederum in der Software gespeichert werden.

Hersteller unterstützen den Trend

Die Integration von KI ermöglicht die Weiterentwicklung des Roboters für den jeweiligen Bedarf des Anwenders. „Die Unternehmen in der Robotik gehen immer mehr auf individuelle Bedarfe und Lösungen ein“, so die Beobachtung von Stefan Sagert, Referent Fachabteilung Robotik beim VDMA-Fachverband Robotik + Automation.

Das Erfolgsrezept schwappt von der Unterhaltungs-Branche auf die Robotik über: immer komplexere Technik, bei immer einfacherer Bedienung. Dabei geht es immer um die intelligente Vernetzung der Maschine mit der menschlichen Arbeitskraft und Kreativität – und nicht um den Ersatz derselben.

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Matthias Schinke
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